„An allen Ecken und Enden werden Sie Werke von Künstlern der Düsseldorfer Malerschule finden“. Diese Bemerkung von Alexandre Cantaloubes in seiner Kritik zur Pariser Salonausstellung des Jahres 1864 war durchaus nicht schmeichelhaft gemeint, fürchtete er doch, die französischen Maler würden von den deutschen auf die Seite gedrängt. Sie bezeugt aber auch die ungeheure Verbreitung von Gemälden einer Schule, die heute meist nur noch Fachleuten und Lokalpatrioten ein Begriff ist. Im 19. Jahrhundert war das anders. Damals hatten Künstlernamen wie Peter Cornelius, Wilhelm von Schadow oder Eduard von Gebhardt einen hervorragenden Klang, und alle diese Maler waren mit der Düsseldorfer Akademie in Berührung gekommen – einer Ausbildungsinstitution, die neben München und Berlin zu den führenden in Deutschland gehörte. Praktisch jeder deutsche Maler, der etwas auf sich hielt, wollte hier einen Teil seiner Ausbildung absolvieren. Wenn ein Künstler aus dem Ausland kam – selbst aus den Vereinigten Staaten -, so lenkte er seine Aufmerksamkeit häufig auf die kleine rheinische Stadt, die nach dem Anschluss des Rheinlandes an Preußen im Gefolge des Wiener Kongresses von der Berliner Zentrale zu einem Kunstzentrum ausgebaut worden war.

Bekannt wurde die Düsseldorfer Malerschule vor allem für ihre Produktionen im Bereich der Genremalerei, aber auch andere Gattungen wurden von ihr berücksichtigt und fanden internationale Beachtung. Insbesondere die Genremalerei musste sich erst gegen die Vorbehalte der akademischen Historienmaler durchsetzen, obwohl sie sich beim Publikum von vorneherein eines großen Zuspruchs erfreute.

Ein sehr bekannter Vertreter der Düsseldorfer Malerschule ist mein Großonkel Wilhelm Hambüchen, * 1869 in Düsseldorf und † 1939 ebenda. Er war ein echter Rheinländer und schon 29 Jahre alt, als er zum ersten Mal das Meer sah – für ihn ein unauslöschlicher Eindruck. In dem kleinen belgischen Küstenort Nieuwport und der nahen Dünenlandschaft fand er sein Paradies. Während seiner ersten Aufenthalte an der Nordsee ließ der junge Künstler Pinsel und Leinwand unbenutzt, sammelte nur Eindrücke. Als er dann endlich zu Malen begann, applaudierte die Kritik und bescheinigte ihm eine gelungene Umsetzung der gewonnenen Impressionen. Doch schon bald bekam mein Großonkel Ärger mit der Firma für Theatergestaltung, bei der er angestellt war – die Besuche an der Nordsee führten zu einer erheblichen Urlaubsüberschreitung! Daraufhin kündigte er und begann als freischaffender Künstler zu arbeiten. Keinerlei Vermögen, vier Kinder und es dauerte lange Jahre, bis Wilhelm Hambüchen mit Medaillen und Preisen ausgezeichnet wurde – in Preußen, Österreich, Argentinien, in den USA und sogar in seiner Heimatstadt Düsseldorf. „Ihn erfüllte immer die Sehnsucht“, schrieb seine Witwe später, „das wiederzugeben, was er sah und fühlte. Dieser Drang hat ihn sein ganzes Leben lang beunruhigt und zugleich erfüllt.“

Sein Sohn Georg Hambüchen, * 1901 in Düsseldorf und † 1971 ebenda, studierte unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg an der Düsseldorfer Kunstakademie und teilte fortan die große Liebe seines Vaters zu den Stimmungen und Bildern der Nordsee. Seine Werke sind künstlerisch mindestens so wertvoll wie die von W. Hambüchen; an die Bekanntheit des Vaters reichte er jedoch nicht heran.